Seele,
Unsterblichkeit, Auferstehung
In unserer Zeit der Glaubensverwirrung und Verunsicherung im Glauben kann man auf dem Gebiet der theologischen Anthropologie und Eschatologie die betrbliche Tatsache feststellen, dass wir es heute vielfach nicht mehr mit einer gnostisch-manichischen Leibfeindlichkeit zu tun haben, sondern mit einer eigenartigen Seelefeindlichkeit. Sie zeigt sich nicht blo im theoretischen und praktischen Materialismus mit seiner Leugnung der Seele und ihrer Unsterblichkeit und jeglichen Fortlebens nach dem Tod, sie zeigt sich heute bis hinein in die katholische Theologie, ja bis hinein in die Liturgie der Kirche, zumindest in einer auffallenden Angst und Zurckhaltung bei der Verwendung des frher so gelufigen Wortes und Begriffes Seele. Man knnte dies an vielen Beispielen aufzeigen, etwa an der Ersetzung des Wortes Seelsorge durch Heilssorge oder Pastoral oder an der mglichsten Vermeidung des Wortes Seele in liturgischen Texten im Messbuch fr die Bistmer des deutschen Sprachgebietes und im deutschen Lektionar, verglichen mit dem lateinischen Missale ex decreto Concilii Vaticani II und erst recht mit dem Missale ex decreto Concilii Tridentini. Nur zwei Beispiele als Beleg fr diese Behauptung: Wenn z.B. dem hl. Alfons Maria v. Liguori an seinem Fest am 1. August im Tagesgebet des lateinischen Missale zelus animarum (Seeleneifer) zugeschrieben wird, so heit es im Messbuch fr die Bistmer des deutschen Sprachgebietes, dass ihm das Heil der Menschen am Herzen lag; und wenn es vom hl. Johannes Bosco (im Sinn seines bekannten Gebetes: Domine, da mihi animas, cetera tolle!) an seinem fest am 31. Januar im Tagesgebet des lateinischen Missale heit, dass ihm das animas quaerere ein besonderes Anliegen war, so wird von ihm im deutschen Messbuch gesagt, dass er Menschen fr Gott zu gewinnen suchte. Bezeichnend ist auch, dass aus dem frheren Allerseelentag nun im offiziellen Kalender das Gedchtnis aller verstorbenen Glubigen geworden ist.
Moderne Exegeten stehen heute auf dem Standpunkt – und man muss ihnen dabei sogar weithin recht geben -, dass die hebrische Anthropologie, wie sie sich im Alten Testament spiegelt und auch noch im Neuen Testament nachwirkt, keine dualistische Zerteilung des Menschen in Leib und Seele kenne; der Sache nach sei in allen drei Begriffen, die im AT fr den Menschen verwendet werden, nmlich nefesch, ruach und basar immer der Mensch als Ganzer und als Einheit gemeint, nicht jeweils ein Teil des Menschen, sei es die Seele oder der Leib: a) Der Begriff nefesch, der im AT ungefhr 750 mal vorkommt und von den Septuaginta missverstndlich mit dem griechischen psych wiedergegeben wurde, heute aber fr gewhnlich mit Leben bersetzt werde, drcke bereits den Menschen als ganzen aus und meine vor allem den ganzen Menschen, soweit er auf etwas aus ist; b) der Begriff ruach, der im AT 389mal vorkommt und sich auf verschiedenen Stufen seiner Bedeutung mit dem Wort und Begriff nefesch berhrt, meine wieder nicht Geist oder Geistseele im Gegensatz zu Fleisch (Leib), sondern drcke das dynamische Verhltnis des Menschen zu Gott aus; c) der Begriff basar (Fleisch, Leib, im Griechischen mit sarx bzw. mit Soma wiedergegeben) meine wieder nicht nur den materiellen Teil am Menschen, sondern wieder den ganzen Menschen, und zwar vor allem den Menschen in seiner gemeinschaftlichen Beziehung zu den Verwandten, die gleichen Fleisches sind.
Erst in den letzten Bchern des AT, die unter dem Einfluss des Hellenismus geschrieben wurden, vor allem im Buch der Weisheit, des Predigers und in den Makkaber-Bchern, tauche – so sagen uns moderne Exegeten – die dualistische Trennung von Seele und Leib am Menschen auf, etwa beispielsweise in dem Ausspruch des Predigers (12,7), dass der Leib (im Tod) zum Staub zurckkehrt, von dem er genommen wurde, der Geist (der Lebensodem, die Seele) aber zu Gott heimkehrt, der ihn gab. – Was aber das NT betrifft, so falle auf, dass sich die Aussagen der Synoptiker (Mk, Mt, Lk) ber den Menschen nicht an die dualistische Leib-Seele-Anthropologie des damaligen hellenistischen Sptjudentums anschlieen, sondern auch fast zur Gnze an das alttestamentlich-hebrische Verstndnis vom Menschen. Auch bei Paulus sei es so: seine anthropologischen Begriffe pneuma (Geist, Geistseele) und soma (Leib) meinten nie einen bloen Teil des Menschen, sondern immer den ganzen Menschen in bestimmter Hinsicht und Mglichkeit; wenn aber in den Paulusbriefen pneuma (Geist) und sarx (Fleisch) gegenbergestellt werden, so wrden dabei nicht eigentlich zwei anthropologische Begriffe im engeren Sinn einander gegenbergestellt, um dadurch einen Gegensatz im Menschen im Sinn der Unterscheidung von Seele (Geist) und Leib (Materie) aufzuzeigen, vielmehr wrde damit nur der Gegensatz zwischen der Schwachheit des Menschen und der Macht des Gottesgeistes angedeutet. – Gleiches treffe weithin auch bei den anthropologischen Aussagen in den johanneischen Schriften zu; die Synoptiker, Paulus und Johannes stnden also auf der Linie der alttestamentlichen Anthropologie im Gegensatz zum hellenistischen Dualismus, der den Menschen widernatrlich in Leib und Geistseele zerteile. Nur ganz vereinzelt lasse sich in den letzten Bchern des AT und dann andeutungsweise in den Schriften des NT der hellenistische Leib-Seele-Dualismus feststellen. Massiv sei dieser dann freilich schon in der Vterzeit in die werdende Theologie und in die uerungen des Kirchlichen Lehramtes eingedrungen und sei schlielich auf Konzilien, vor allem auf dem von Vienne (1311-12) und dem V. Lateranense (1512-17) sanktioniert worden; heute aber msse man unbedingt von dieser unbiblischen Sicht des Menschen Abschied nehmen (wie vom Teufel und von der Erbsnde), weil es dabei um eine Fehlentwicklung gehe, denn die Hl. Schrift kenne in Wahrheit nicht den aus Leib und Seele zusammengesetzten, sondern nur den einen ganzen Menschen; der Tod aber sei in richtiger biblischer Sicht nicht die Trennung einer unsterblichen Geistseele vom Leib, vielmehr sterbe der ganze Mensch, der ganze Mensch aber wrde dann gnadenhaft von Gott wieder auferweckt.
Es ist aber eine der geschichtlichen Wahrheit widersprechende bertreibung, dass die traditionelle Theologie und das Kirchliche Lehramt die in Leib und Seele gegebene Dualitt der einen ganzen Menschennatur im Sinn des falschen hellenistisch-platonischen Dualismus missverstanden, den Menschen auf diese Weise widernatrlich aufgespalten und sein eigentliches Wesen nur in seiner Seele gesehen htten.
Im brigen ist in keiner Weise einzusehen, dass das Eindringen der Leib-Seele-Dualitt des einen ganzen Menschen in die theologische Anthropologie und in diesbezgliche Lehruerungen der Kirche eine Fehlentwicklung sein soll. Jedenfalls ist die Frage erlaubt, ob dieses Eindringen hellenistischen Gedankengutes – ansatzweise wenigstens, wie moderne Exegeten zugeben – in die letzten Bcher des AT und in das NT nicht doch vom inspirierenden Hl. Geist stammen und von Gott selbst in der Entfaltung seiner schrittweise erfolgenden Offenbarung beabsichtigt sein knne.
Mit dem kirchlichen Lehramt und seinen letzten diesbezglichen uerungen auf dem II. Vaticanum und im Credo des Gottesvolkes von Paul VI. meinen wir, dass letztlich kein wirklicher Grund vorliegt, von der traditionellen Sicht des aus Leib und Seele zusammengesetzten Menschen abzugehen, im Gegenteil: weil es hier um definierte Dogmen geht, ist es sogar unsere Pflicht, daran festzuhalten: Sowohl der Leib, als auch die Geistseele sind konstitutive Wesensbestandteile der einen ganzen Menschennatur.
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... Leib allein, sondern beide als Teilsubstanzen in ihrer eigenartigen und einzigartigen Verbundenheit den einen ganzen Menschen ausmachen.
Das ist ja zweifellos das Berechtigte und Richtige am semitisch-biblischen, vor allem alttestamentlichen Menschenbild, dass darin nie zwischen Leib und Geistseele im philosophisch-platonischen oder scholastischen Sinn unterschieden, sondern immer nur vom einen leibhaftigen Menschen gesprochen wird, der als Partner Gottes auch das ist, was die Hl. Schrift nefesch, bzw. ruach nennt und wir als Geist bzw. Geistseele wiedergeben.
Trotzdem ist die in den kirchlichen Lehruerungen angewandte Unterscheidung von etwas, das wir Leib, und etwas, das wir Seele am Menschen nennen, durchaus legitim und sogar biblisch. Auch K. Rahner gibt das zu, wenn er in seiner Schrift Der Leib und das Heil (Mainz 1967, S. 37) bemerkt: Man hat der griechischen, also abendlndischen Theologie zum Teil in einer zu massiven, unberechtigten Weise vorgeworfen, sie htte die alttestamentliche und auch noch neutestamentliche Anthropologie des einen Menschen aufgelst in eine griechische Dualitt von anima (Seele) und corpus (Leib), so dass damit die ursprngliche biblische Botschaft verzerrt oder sogar verdorben worden sei. Das ist sicher bertrieben... Eine Unterscheidung zwischen Leib und Seele ist nicht nur mglich, sondern auch theologisch richtig, lehramtlich gefordert und berechtigt. Seele und Leib aber sind dabei so miteinander verbunden, dass sie eine Natur- und Personeinheit des einen, ganzen, konkreten Menschen bilden, wobei die Seele – wie das Konzil von Vienne ausdrcklich als Dogma definiert hat (vgl. DS 902) – durch sich und wesenhaft (per se et essentialiter) die Form des Leibes ist. Leib und Seele sind im Menschen also nicht etwa akzidentell blo und lose miteinander verbunden, sondern so zur Einheit zusammengefgt, dass wirklich die vernunftbegabte Geistseele es ist, die den Leib belebt und formt und das unmittelbare Prinzip aller menschlichen Lebensttigkeiten darstellt.
Nach diesen notwendigen Voraussetzungen und Richtigstellungen kann nun vom Tod des Menschen, von der Unsterblichkeit der Seele und von der Auferstehung das wichtigste vom theologischen Standpunkt aus gesagt werden:
Gehen wir dabei von der Tatsache aus, dass fr Platon (427-347 v. chr.) der Tod die Befreiung der unsterblichen Geistseele aus dem Kerker des Leibes ist und dass sich Platon ganz klar fr die Unsterblichkeit der Seele eingesetzt und einen seiner schnsten Dialoge aus der Reifezeit, den Phaidon ausschlielich diesem Thema gewidmet hat. hnlich wie Platon dachten ber die Unsterblichkeit der Seele die allermeisten Kirchenvter, sowie die Theologen der Vor-, Frh- und Hochscholastik. Es sei nur auf Tertullians Schrift De anima, auf Augustins Soliloquia und De immortalitate animae, auf Anselms Proslogion und auf die Schrift De immortalitate animae des Dominicus Gundisalinus verwiesen, ebenso auf die diesbezglichen Ausfhrungen des hl. Thomas v. A. und des hl. Bonaventura, die teils philosophisch-metaphysische, teils theologische Argumente fr die Unsterblichkeit der Seele angefhrt haben. (Nheres darber kann voreilhaft nachgelesen werden bei: Qu. Huonder, Das Unsterblichkeitsproblem in der abendlndischen Philosophie, Stuttgart 1970; R. Heinzmann, Die Unsterblichkeit der Seele und die Auferstehung des Leibes. Eine problemgeschichtliche Untersuchung der frhscholastischen Sentenzen- und Summenliteratur von Anselm von Laon bis Wilhelm von Auxerre, Mnster 1965; und H.J. Weber, Die Lehre von der Auferstehung der Toten in den Haupttraktaten der scholastischen Theologie, Freiburg Br. 1973)
Anders als Platon dachten die meisten Kirchenvter und Theologen bis hin zum Tridentinum, ja bis zum II. Vaticanum vom Verhltnis der unsterblichen Geistseele zum Leib; dieser gilt ihnen immer als ein Wesensbestandteil des ganzen Menschen, der freilich im Tod seiner Auflsung entgegengeht, aber am Jngsten Tag von Gott auferweckt und mit der nach dem Tod fortlebenden Seele wieder vereinigt wird.
Diese Sicht vom Wesen des Menschen, von der Unsterblichkeit der Seele, von Tod und Auferstehung wurde eigentlich sowohl in der evangelischen als auch erst recht in der katholischen Theologie bis herauf in die jngste Vergangenheit klar festgehalten. Sogar fr die Aufklrung des 17. – 19. Jahrhunderts galt wenigstens im deutschen Sprachraum die Unsterblichkeit der Seele als eine Grundwahrheit, als ein zentrales Dogma. In der Theologie setzte eigentlich erst in der jngsten Vergangenheit ein Abgehen von der bisher allgemein festgehaltenen Wahrheit von der Unsterblichkeit der Seele ein, und zwar zuerst im Protestantismus.
Die heutige evangelische Theologie verwirft meist den Unsterblichkeitsglauben, und zwar von verschiedenen Standpunkten aus. Meistes polemisiert sie gegen den Unsterblichkeitsglauben von der Auferstehungshoffnung her. Nur in ihr sei der volle Ernst des Todes, die Verantwortlichkeit des ganzen Menschen, das vllige Angewiesen-Sein auf Gottes schpferische Gnade gewahrt und ein falscher Seele-Leib-Dualismus ausgeschaltet (H. Gra, Unsterblichkeit, in: RGG 6/1177). In diesem Sinn uerten sich u.a. die evangelischen Theologen A. Schlatter, W. Kmmeth, E. Brunner u.a. Vor allem dachte so auch K. Barth und denkt so heute H. Thielicke. K. Bart (+1968) sagte in seinem Vortrag ber die Unsterblichkeit in einer Sendereihe des Radio-Studios Basel (K. Barth, Unsterblichkeit, Basel 1966, S. 43-51): Wir mssen der Tatsache ins Gesicht sehen: der Mensch an sich und als solcher ist mit allem, was er ist und ausrichtet, nach dem Zeugnis der Bibel sterblich und also gerade nicht unsterblich... Nicht eine leiblos werdende Seele trennt sich da von einem seelenlos werdenden Leib, sondern der eine ganze Mensch, der die Seele seines Leibes, aber auch der Leib seiner Seele ist (im Tod nur noch war!), steht jetzt an der Grenze, ber die hinaus ihm keine Zeit und die zu berschreiten ihm kein Vermgen gegeben ist, kein leibliches, aber auch kein seelisches. K. Barth bedauerte, dass man diese Sicht in der christlichen Kirche schon in alter Zeit habe abschwchen wollen, indem man unter dem Einfluss der griechischen Philosophie des Menschen Sterblichkeit auf seine physische Natur, auf seinen Leib beschrnkte, seiner Seele aber Unsterblichkeit zuschrieb. In gleicher Schrfe hat der Hamburger evangelische Theologe H. Thielicke die These vom Ganztod des Menschen formuliert: Das Sterben des Menschen ist ein wirkliches Zu-Ende-sein und kein heimliches Weitermachen und Fortleben. (H. Thielicke, Tod und Leben, Studien zur christlichen Anthropologie, Tbingen 1946, S. 182)
Die Anliegen, die hinter diesen von K. Barth und H. Thielicke scharf formulierten Stzen stecken, gab der katholische Mnsterer Philosoph J. Pieper ins einem Buch Tod und Unsterblichkeit, Mnchen 1968, S. 153) so an: Erstens ist man der Meinung, die Realitt des Todes werde abgeschwcht und ausgehhlt, wenn irgendetwas in uns nicht-sterblich sein soll. Wird aber einmal der Tod als nicht eigentlich real betrachtet, dann wird zweites notwendig auch, so sagt man, der Glaube an die Auferstehung gegenstandslos, denn, Auferstehung: das ist das gesprengte Grab, aber eben das vorher auch benutzte Grab, wie H. Thielicke (Tod und Leben, S. 100) pointiert formuliert hat, Unsterblichkeit: das ist das verleugnete Grab. hnlich wie K. Barth und H. Thielicke drckt sich auch der evangelische Theologe W. Pannenberg aus in seinem Werk Was ist der Mensch? Die Anthropologie der Gegenwart im Lichte der Theologie (Gttingen 1964, S. 37): Im Sinn der Vorstellung, dass ein Teil des Menschen ber den Tod hinaus ungebrochen fortdauert, lsst sich nach W. Pannenberg die berlieferte Seelenmetaphysik mit ihrem Unsterblichkeitsgedanken nicht halten, denn dabei ist der Ernst des Todes verkannt, der ein Ende bedeutet fr alles, was wir sind. Das gilt auch fr moderne Versuche, den Unsterblichkeitsgedanken, die Annahme eines unzerstrbaren Kerns im Menschen also, unabhngig von der veralteten Seelenvorstellung festzuhalten. Das Innenleben unseres Bewusstseins ist so gebunden an unsere leiblichen Funktionen, dass es unmglich fr sich allein fortdauern kann.
Solchen Gedanken evangelischer Theologen gegenber bemerkt Qu. Huonder (Das Unsterblichkeitsproblem in der abendlndischen Philosophie S. 147) mit Recht: Was folgt aus dieser These moderner evangelischer Theologie vom absoluten Tod (Ganztod) des Menschen? Was kann da noch auferstehen, wenn vom Wesen des Menschen, von seinem Ich, das war, gar nichts mehr vorhanden ist? Das wre doch eine Auferstehung, die nicht nur dem menschlichen Verstand, sondern auch an sich absurd erscheint. Von Auferstehung oder Auferweckung des Menschen im traditionellen Sinn knnte dann doch unmglich mehr die Rede sein, hchstens von einer Neuschaffung des Menschen, der aber mit dem Verstorbenen nicht identisch wre.
Aber gerade darum geht es den unter dem Einfluss der dialektischen Theologie K. Barths stehenden evangelischen Theologen: Der Tod ist nach ihnen totale Vernichtung des ganzen Menschen, Auferstehung aber ist nach ihnen absolute Neuschpfung; es gibt nach ihnen keine Kontinuitt zwischen dem total Gestorbenen und dem Auferweckten oder richtiger Neugeschaffenen; das gilt nach diesen evangelischen Theologen vom Tod Jesu und seiner Auferweckung genau so wie von dem Tod und der Auferweckung jedes brigen Menschen. Der Tod bedeutet totales Ende des Menschen; nichts vermag ber diesen Abgrund zu retten, wenn nicht die absolut unverfgbare erweckende Macht Gottes; darum hat sich die christliche Hoffnung auf die Auferstehung zu richten; auf die Unsterblichkeit der Seele bauen wrde gerade eine Mglichkeit des Menschen gegenber Gott und damit eine unmgliche Mglichkeit bedeuten (G. Greshake, Naherwartung, Auferstehung, Unsterblichkeit, Freiburg Br. 1975, S. 102) IN der heutigen protestantischen Theologie wird durch das Ausspielen der Auferstehungshoffnung gegen das traditionelle Dogma von der Unsterblichkeit der Seele Das Heilshandeln Gottes als das unableitbar und unvermittelbar allein von Gott her kommende Ereignis gegen alle Weisen einer irgendwie gearteten geschpflichen Vermittlung, Kontinuitt oder eines geschpflichen Selbstandes herausgestellt. Auferstehung gegen Unsterblichkeit, das ist somit die Proklamation der Unvermittelbarkeit und Unverfgbarkeit des Heils gegen alle kreatrlich angemate Vermittlung...
Auferstehung gegen Unsterblichkeit ist die letzte Explikation des urprotestantischen Anliegens vom solus Deus, von der sola gratia und der sola fides (G. Greshake, a. a. O. S. 106f).
Wenn der Mensch nach den modernen evangelischen Theologen im Tod ganz und gar vom Nichts erfasst und allein durch Gottes erweckende Macht wieder neu ins Dasein gestellt wird, was ist dann zwischen Tod und Auferweckung?
Es geht also um das Problem des Zwischenzustandes. Die Antworten der evangelischen Theologen sind dabei dann sehr verscheiden. Die einen (wie P. Althaus und O. Cullmann) nehmen sehr inkonsequent eine Art Seelenschlaf an; andere (wie H. Ott) halten daran fest, dass der im Tod vernichtete Mensch auch vernichtet bleibt und Gott in dieser Zwischenzeit bis zur Auferweckung (bzw. Neuschaffung am Jngsten Tag) der einzig in Frage kommende Sinn-Trger des durch den Tod vernichteten menschlichen Daseins ist; wieder andere (wie E. Brunner) vertreten die Auffassung, dass jeder Sterbende aus der Zeit in die Zeitlosigkeit Gottes hineinstirbt und somit im Tod auch sofort den Jngsten Tag und die Totenerweckung erreicht.
Diese Gedankengnge evangelischer Theologen haben nun in letzter Zeit aus verschiedenen Grnden, auch aus der bertriebenen Polemik gegen die Leib-Seele-Dualitt, und trotz definiertem Dogma von der Unsterblichkeit der Seele auch in den Raum der katholischen Theologie und Verkndigung Eingang gefunden, in popularisierter Form besonders krass im Hollndischen Katechismus (Utrecht-Freiburg br. 1966), wo es S. 521 heit: Der Tod ist radikal. Nicht nur Arme, Beine, Rumpf und Kopf sterben. Nein, der ganze irdische Mensch verfllt dem Tod. Hierin haben diejenigen recht, die ein Weiterleben nach dem Tod nicht annehmen: das Sterben bedeutet das Ende des ganzen Menschen, so wie wir ihn kannten.
Auch ernst zu nehmende katholische Theologen tun heute den Gedanken an eine unsterbliche Seele, die im Tod von ihrem Leib getrennt wird und dann getrennt vom Tod fortbesteht, bis sie am Jngsten Tag mit ihrem Leib wieder vereinigt wird, als ganz unbiblisch und nur der platonisch-hellenistischen Philosophie entlehnt ab. Gott verheie in der HL. Schrift –so sagen solche katholischen Vertreter der Ganztodtheorie – nicht einer abgetrennten Seele Unsterblichkeit, sondern dem ganzen Menschen; die Auferweckung der Toten (nicht des Fleisches oder des Leibes) erscheine im NT nicht eigentlich als ergnzende Idee zu einer vorausgehenden und davon unabhngigen Unsterblichkeit der Seele, sondern als die wesentliche Grundaussage ber das Geschick des ganzen, ungeteilten Menschen. In der griechisch-rmischen Welt habe man sehr bald den umfassenden Anspruch des Auferstehungsgedankens nicht mehr begriffen, vielleicht seien nun die griechische Vorstellung von der Unsterblichkeit der Seele und die biblische Botschaft von der Auferstehung der Toten als eine je halbe Antwort auf die Frage nach dem ewigen Geschick des Menschen betrachtet und beides additiv zueinander gefgt worden; dem schon gegebenen Vorwissen um die Unsterblichkeit der Seele habe die Bibel noch die Offenbarung hinzugefgt, dass am Ende der Tage auch die Krper auferweckt wrden, um fortan auf immer das Geschick der Seele – Verwerfung oder Seligkeit – zu teilen (vgl. J. Ratzinger, Auferstehung, in: Sacramentum Mundi I/397-402; Einfhrung in das Christentum S. 289-300).
Nicht Unsterblichkeit der Seele, sondern Ganztod des Menschen wird also nun von modernen katholischen Theologen gelehrt. Dafr aber gibt es nach ihnen nun kein Zwischenstadium zwischen Tod und Auferstehung, konsequent auch kein Fegfeuer (Purgatorium) mehr, sondern im Tod selbst erfolgt nach ihnen auch schon die etwa notwendige Luterung und die Auferstehung bzw. Auferweckung (vgl. G. Greshake, a.a.O. S. 119). Auch hier war wieder der Hollndische Katechismus Schrittmacher bei der Popularisierung solcher Behauptungen. Dort heit es S. 525: Das Leben nach dem Tod ist also schon so etwas wie die Auferweckung des neuen Leibes. Dieser Auferstehungsleib ist nicht dasselbe wie die Molekle und Atome, die in die Erde eingegangen sind. Als neuer Mensch wacht man auf, wird man erweckt. Dieser Aussage im Hollndischen Katechismus gegenber ist vielsagend, was die von Papst Paul VI. berufene Kardinalskommission zur Verbesserung und Ergnzung dieser modernen und vielfach modernistischen Glaubensverkndigung fr Erwachsene in Punkt 9 gefordert hat: Es muss auch klar von den Seelen der Gerechten gesprochen werden, die, gengend gereinigt, sich bereits der unmittelbaren Gottesschau erfreuen, whrend die pilgernde Kirche noch des glorreichen Kommens des Herrn und der endgltigen Auferstehung harrt.
Auch in dem von J. Feiner und L. Vischer herausgegebenen kumenischen Neuen Glaubensbuch (2. Aufl., Zrich-Freiburg 1973, S. 542) heit es: Die individuelle Auferstehung von den Toten erfolgt mit und im Tode. Auch der Wiener Dogmatiker G. Greshake meint, dass diese Ansicht, in der Die anthropologische Diastase von Unsterblichkeit der Seele und Auferstehung des Leibes sowie die Annahme eines leiblosen Zwischenzustandes (der Seele) grundstzlich berwunden wird, nicht der dogmatischen Tradition der Kirche widerspricht, wenngleich diese verschiedentlich das Leib-Seele-Modell bei ihren verbindlichen Aussagen voraussetzt (vgl. a.a.O. S. 120; ebenso Auferstehung der Toten, Essen 1969, S. 367ff). ...